Der Hund hat in der Nacht nicht gebellt, erst wieder ab 9 Uhr. Wir schlafen bis halb neun. Ist das noch immer der Zeitunterschied oder sind wir so müde?
Wir gehen in das angrenzende Restaurant frühstücken. Wenn wir für das Frühstück bezahlen müssen, wie hier, sind die KellnerInnen immer ein wenig ratlos mit uns. Und wir wissen nicht ganz genau, warum. Vielleicht bestellen wir die falschen Sachen oder zu wenig? Jedenfalls fragen sie ziemlich oft, ob das alles ist, lesen uns dreimal vor, was wir bestellt haben, fragen nochmal: “That´s it?”. Dabei essen die Männer, als ob es kein Morgen mehr gäbe und jeder von uns hat zwei Getränke (hot chocolate, Kaffee, Orange Juice). Wenn man Capuccino oder Espresso bestellen kann, ist er durchaus trinkbar, “American Coffee” ist kein Kaffee, auch wenn er so genannt wird.
Nach dem Frühstück packen wir gemütlich zusammen, wir wollen heute wieder den Bryce Canyon erkunden. Das Wetter könnte besser nicht sein, es hat fast 70F (21C) und in der Sonne wirkt es noch wärmer. Wir haben schon von anderen Touristen, mit denen wir uns in den letzten Wochen unterhalten haben (die meisten machen ja eine ähnliche Tour wie wir), gehört, dass man ganz früh im Canyon sein muss, weil es sonst zu heiß wird. Das können wir nicht bestätigen, es ist sehr angenehm von der Temperatur her.
Wir fahren die 18 Meilen (30Km) ganz runter zur Spitze, zum Rainbow Point. Hier sieht man weit nach Utah hinein, angeblich sogar bis Arizona oder an klaren Tagen bis nach New Mexico. Gut, wir wissen nicht genau, wie weit wir gesehen haben, es war auf jeden Fall weit.
Ich habe ja heute ein paar Wanderungen mit der Familie vor. Die erste beginnt gleich hier und heißt Bristlecone Loop Trail, ist eine Meile lang (1,6Km) und geht nur flach dahin. Es ist eine wirklich sehr schöne kurze Wanderung durch einen kleinen Wald mit den berühmten Bristlecone Pines, die bis zu 1600 Jahre alt werden und das karge Wetter mit viel Wind, Regen und Schnee aushalten. Wir sind auf fast 2800m Höhe.
Dann fahren wir mit dem Auto zu den anderen View Points, besonders schön ist der “Natural Bridge”. Hier sieht man einen Felsenbogen. Der Name “Bridge” ist irreführend, da diese von einem Fluss geformt werden, ein Bogen aber von Regen, Frost und Erosion gebildet wird. Tja, wusste ich vorher auch nicht….aber es ist wunderschön, egal, warum es so aussieht wie es aussieht.
Eine besonders schöne Wanderung wartet auf uns beim Sunset Point. Als wir dort ankommen, beginnt es zu regnen, hört aber bald wieder auf, es scheint die Sonne und wir entscheiden uns, die Wanderung zu machen. Geplant hatte ich nur einen Teil, nämlich den Navajo Loop Trail, der 1,3 Meilen (2,2 km) lang ist. Doch es wird ganz anders kommen.
Wir steigen über einen sehr steilen Pfad, der uns sensationelle Ausblicke auf die sogenannte Wall Street bietet, hinunter zu dieser. Es ist atemberaubend (ja, ich weiß schon wieder, aber es ist wirklich alles so schön, dass einem die Worte dafür fehlen). Bäume ragen bis über die Schlucht hinaus und es beginnt ganz grün zu werden. Man wandert nun auf einem ganz flachen, relativ breiten Weg die Schlucht entlang, es gibt Büsche und Bäume und Tiere, die nicht scheu sind und ganz nah an uns rankommen und sich in Fotopose werfen. Es ist wunderschön.
Als es nur mehr eine viertel Meile bis zum Ende des Rundganges gewesen wäre, steht ein gelbes Schild am Weg, das man auch in Toiletten findet: Caution, wet Floor. Auf jeden Fall darf man nicht weitergehen. Wir können uns nun entscheiden: entweder wir gehen alles wieder zurück (ca 0,8 Meilen), und zum Schluss sehr, sehr steil die enge Schlucht bergauf oder wir gehen 1,6 Meilen den sogenannten Queens Garden Trail, der flach und breit ist. Wir sehen ein Gewitter heranziehen und es ist eine schwere Entscheidung. Aber wir werden den längeren, dafür flacheren Weg wählen.
Marlene ist nun sehr in Sorge, ob wir es rechtzeitig schaffen, bevor das Gewitter da ist. Überall wird man gewarnt, wie gefährlich es ist, bei Gewitter in den Canyons zu sein und wir gehen sehr flott. Also wir Frauen, die Männer machen ein wenig auf “lässig, was soll schon sein?” und gehen hinter uns, machen Fotos.
Marlene wird ziemlich schlecht, noch scheint ja die Sonne und sie trinkt immer zuwenig (also ich kann mir nun vorstellen, dass es hier unten sehr heiß werden kann), aber sie läuft weiter. Schließlich geht es dann doch bergauf (tja, muss ja so sein, insgesamt sind wir ja fast 200m in die Tiefe gegangen), aber es ist lange nicht so steil wie beim Navajo Trail. Noch immer kommen uns Leute entgegen, sogar mit Kinderwägen sind manche auf diesem doch felsigen und unebenen Weg unterwegs (ist mir ein völliges Rätsel).
Schließlich sind es nur mehr ca 0,5 Meilen und es beginnt nun zu blitzen und zu donnern. Marlene wird jetzt fast panisch und ich sage ihr, sie soll vorangehen, weil ich ehrlich gesagt mit ihrem Tempo nicht mehr mithalten kann. Die Männer sind noch immer auf locker hinter uns unterwegs.
Aber wir haben Glück: das Unwetter zieht außen vorbei und wir kommen sogar noch relativ trocken beim Auto an.
Der Weg ist wunderschön und bis auf die letzten Meter konnten wir (bis auf Marlene) die Wanderung genießen. Wirklich sensationelle Ausblicke und tolle Eindrücke vom Bryce Canyon, weil man sieht, wie hoch die “Hoodoos” (so heißen diese Formationen) wirklich sind. Veranschlagt sind laut Plan für diese insgesamt 2,9 Meilen (4,6km) 2-3 Stunden, wir haben es in 1,5 geschafft.
Wir fahren zurück zum Hotel, um uns ein wenig zu erholen (es scheint schon wieder die Sonne). Thomas und ich gehen in den Supermarkt einkaufen, da wir hungrig sind. Wir kaufen Salami und Brot, Pudding und Obst und genießen dann unser Mahl im Zimmer. Dazu muss man mal erwähnen, dass das Gemüse und das Obst hier wirklich überall sehr lecker aussieht und auch darauf hingewiesen wird, dass es naturbelassen ist (was immer die Amerikaner darunter verstehen) und es gibt auch sehr viel Bioobst und -gemüse. Es ist in etwa so teuer wie bei uns, wenn man einen 1:1 Kurs herannimmt. Nur Bananen sind sehr billig, sie kosten ca 50-60 Cent pro Kilo. Wurst ist sehr teuer, Süßigkeiten auch etwas teurer als bei uns (bei 1:1 Rechnung, durch den guten EUR/USD Kurs ist natürlich für uns, schon alles viel billiger, aber für die Amerikaner ist das ja egal, die verdienen ja deshalb nicht mehr).
Danach übernimmt Thomas wieder die Wäsche, es gibt eine Hotellaundry, die viel sauberer ist als die in Page und man kann zwischen Waschen und Trocknen ins Zimmer zurück gehen.
Da Marlene so einen Schreck am Nachmittag hatte, haben wir ihr versprochen, dass wir am Abend noch zu den Souvenir-Shops am Eingang des NP fahren (Marlene liebt diese Shops und kauft sich fast immer irgendetwas). Wir verbringen dort eine Stunde, es ist sehr nett, durchzubummeln. Um halb acht fahren wir zurück ins Hotel (ist ca 10 Meilen vom NP entfernt) und gehen wieder ins Restaurant essen. Diesmal haben wir einen wirklich lieben jungen Kellner, der uns gut bedient. Thomas und ich gönnen uns heute ein großes Steak und einen kalifornischen Wein. Dieser ist sehr gut und auch die Steaks sind vorzüglich. Marlene bekommt wieder ihr Chicken Filet, obwohl es nicht auf der Abend-, sondern auf der Mittagskarte steht und Tobias ist seine Hot Wings und einen Salat.
Mittlerweile höre ich mich ganz gut in das amerikanische Englisch ein, das auch nicht immer gleich einfach zu verstehen ist. Manche bemühen sich auch mehr, die anderen weniger. Für die Kinder ist es ein Ansporn, diese Sprache noch besser zu lernen, vor allem Tobias versteht meist sehr viel, beim Reden tut er sich aber dann doch noch ein wenig schwer und die drei verlassen sich meist auf mich, dass ich kapier, worum es geht und was sie von uns wollen oder uns fragen. Ich motivier aber immer wieder die Kinder, selbst etwas zu fragen odersie sagen zu lassen. Heute Abend zum Beispiel hat Tobias noch zwei Handtücher besorgt, da wir immer zu wenig im Zimmer haben. Ich glaube, es hat bis jetzt nur zweimal geklappt, dass wir vier Handtücher hatten.
Ich hab noch schnell alles eingepackt, morgen wollen wir in den Zion NP fahren. Man könnte diese zwei Parks sicher auch einem Tag machen, sie sind nicht mal 80 Meilen voneinander entfernt, ich hab aber bewusst fast vier Tage dafür gewählt, weil ich dachte, dass wir mal ein wenig langsamer machen werden wollen. Und ich finde, wir haben uns in den letzten Tagen seit Page gut erholt und sind wieder gerüstet für die kommenden anstrengenderen Abschnitte unserer Reise.
Link zu den Fotos folgt, wenn wir bessere Internetverbindug haben. (jAlbum hängt sich auf :[)